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Verena Guran-Fierz

Gründerin und Präsidentin - Verein Reforestation World

Restoration, Schweiz, Stadtgrün

Verena Guran-Fierz ist die Gründerin von Reforestation World. Die ausgebildete Musikerin, die ihr Leben der Kunst gewidmet hat, hat ihr persönliches Engagement in eine breitere Initiative umgewandelt, um andere zum Handeln zu inspirieren und dabei zu helfen, Bäume und die Schönheit der Natur auf der ganzen Welt wiederherzustellen.

1. Was hat dich dazu bewegt, reforestationworld.org zu gründen?

Es begann 2003 mit einem Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung, über „Klimasenken“. D.h. Gebiete, wo der CO2 Gehalt der Atmosphäre unter dem Durchschnitt lag. Es waren alles Wälder. So dachte ich und schrieb es auch: Warum pflanzt man nicht möglichst viele Wälder, statt CO2 nur zu verbieten?

Durch diesen Leserbrief lernte ich new.Tree kennen, meine erste Aufforstungsorganisation aus Zug, die man auch im Verzeichnis von reforestationworld finden kann.

Natürlich, es gab immer schon viele gute Gründe, um Wälder zu schützen und zu pflanzen. Die Biodiversität, heute ein Weltthema, ist betroffen und die Versorgung mit sauberem Wasser. Die Qualität und Menge des brauchbaren Bodens werden in Wäldern erhalten, ebenso sind sie ein Schutz vor extremem Wetter, wie Dürren, Überschwemmungen und Stürmen.

Stellen Sie sich die Zusammenhänge zwischen Flüssen und Bäumen vor: die Berge, bedeckt mit vielen tausende Jahre alten Bäumen, wurden und werden abgeholzt. Der entkleidete Boden ist jeder Erosion ausgesetzt , die Erde wird weg geschwemmt. Sie landet im Tal in den Flussbetten, die sie verstopft und verschmutzt. Neues, sauberes Wasser, da die Ufer auch abgeholzt sind, wird selten zugefügt. Trotzdem leben mittlerweile Millionen Menschen an grossen Flüssen, die sie ihrerseits mit Abfall füllen. Während der Regenzeit ist die jährliche Katastrophe unvermeidlich. Die Flüsse treten über die Ufer, da sie nicht mehr abfliessen können, voll mit Abfällen des täglichen Lebens, Resten zerstörter Behausungen, ertrunkenen Menschen ,Tieren und viel Plastik, das schlussendlich im Meer landet.

Der Einfluss von Bäumen auf die Temperatur ist ebenso wichtig, besonders im Zusammenhang mit der Erderwärmung. Die Verdunstung von Bäumen kühlt und bildet Wolken, was neben dem eigentlichen Schatten der Bäume ein zusätzlicher Vorteil ist. Die Differenz zwischen der Temperatur in einem dichten Wald und einem offenen, asphaltierten Platz oder einem zur Wüste gewordenen Gelände beträgt mindestens 25° C.

CO2 in Zement einzulagern oder nur noch mit Strom herumzufahren, etc., hat keinen direkten Einfluss auf die Temperatur der Welt. Ausserdem ist CO2 Teil des Stoffkreislaufs und wird durch Bäume mittels der Fotosynthese in lebenswichtigen Sauerstoff und Pflanzenmaterial umgewandelt. Nur in diesem System können Mensch und Tier, die alle ununterbrochen Sauerstoff verbrauchen, existieren.

Es ist nicht immer die menschengemachte Lösung die beste; klüger und billiger wäre es, die Geschenke der Natur anzunehmen und sie zu pflegen.

«From Desert to paradise» illustrations by Verena Guran-Fierz
«From Desert to paradise» illustrations by Verena Guran-Fierz
2. Hat dein persönlicher und beruflicher Weg dein Interesse für das Thema beeinflusst?

Mein Berufsleben als Musikerin war natürlich nicht direkt mit Bäumen verbunden, ausser , dass eine Viola aus feinem Holz gemacht ist. Aber meine Mutter war Malerin und darin eine Bewundererin der natürlichen Schönheit. Die Schönheit, obwohl viele Menschen ihre Existenz bestreiten, war und ist für mich ein Antrieb für viele Tätigkeiten: Zeichnen, Gartengestaltung, Dichten, Kochen, Tanzen oder Musik.

Ein Onkel mütterlicherseits hat zudem rund um seine Spinnerei bei Barcelona einen grossen Wald gepflanzt, wohl auch, um genug Wasser für seine Turbinen zu haben, da die Fabrik in einer Flussschleife liegt. Sie ist stillgelegt, aber mitten im Maquis lebt noch der Tannenwald und ist nie verdorrt.

In Spanien und Südfrankreich, wie lang vorher in Süditalien und Griechenland, ja dem gesamten Mittelmeerraum, wurden die aus der Eiszeit stammenden, kompakten Wälder zerstört, meist für den Bau von Kriegs- und Handelsschiffen. Auch durch Beweidung und andere Landwirtschaft. Das lernte ich schon im Gymnasium. Diese Wälder wachsen nicht mehr automatisch nach, lassen sich aber wieder herstellen.

Da nun, u.a., auch die Sahelzone und das ganze Horn von Afrika entwaldet sind, strömt die Hitze ungebremst zu uns.

In der Schweiz ist die Übernutzung der Natur so eklatant wie in Afrika, Indonesien, Indien oder Südamerika etc., jeweils mit anderen Nuancen.

Der Schutz des Waldes, auf den wir Schweizer so stolz waren, war bei wachsender Bevölkerung nur möglich, weil Elektrisch und Kohle zur Verfügung standen. Er wurde soeben wieder dem angeblich nicht anders zu befriedigenden Energiebedarf geopfert.

Der Grossteil der wachsenden Erdbevölkerung kocht aber immer noch mit Holz, was die beschriebenen Verheerungen anrichtet.

3. Wo siehst du Potential für die Verbesserung der Situation?

Nur immer von der Natur nehmen geht nicht. Vor lauter Technik haben wir den Respekt vor ihr verloren. Wir haben mit Aufforstung immerhin die Möglichkeit, Menschen, Tieren und Pflanzen, die dankbar zurückkehren, die Lebensgrundlage wiederzugeben, weltweit.

Agroforesterie und geregelte Weidewirtschaft sind Beispiele für sog. Drittweltländer. Wasserrückhaltebecken wo es vier Monate ununterbrochen regnet, ebenso.

In sog. Entwickelten Ländern sind die Probleme natürlich anders, Beispiele für deren Lösung finden Sie in reforestationworld in schweizerischen Projekten.

Was uns alle eint, wo auch immer wir leben, ist die Verantwortung für diesen einen Platz, den wir zugewiesen bekommen haben, die Zusammenhänge in der Natur immer vor den Augen, auch um sich an ihnen zu freuen. Wenn es z.B. wieder mehr Schwalben und andere Zugvögel gäbe, wären auch wir glücklicher. Jetzt höre ich im Frühling in Zumikon kaum mehr Vögel singen. SILENT SPRING. Zugvögel waren immer schon global und leiden unter der Zerstörung halber Kontinente besonders.

Gehen Sie spazieren, auch in der Stadt und lernen den Baumblick. Wo könnte ich einen pflanzen?